Die Feuerwehr der Stadt Bad Soden-Salmünster unterstützte am Wochenende kurzfristig einen humanitären Hilfstransport zur ukrainischen Grenze.
Davon handelt der folgende Bericht mit zahlreichen Fotos.
Krieg in der Ukraine
Feuerwehr Bad Soden-Salmünster unterstützte Hilfstransport zur ukrainischen Grenze
Die Feuerwehr Bad Soden-Salmünster unterstützte am Wochenende die private Initiative einer Sammlung für die Ukraine und organisierte rasch einen Transport an die ukrainische Grenze. Mit einem Mannschaftstransporter fuhr die Feuerwehr Hilfsgüter wie Medikamente, Verbandsmittel und Schlafsäcke 1.300 Kilometer durch Deutschland und Polen.
Irgendwie ging alles ganz schnell. Vom generellen Unterstützungsangebot bis zur Abfahrt des Transports vergingen nur wenige Stunden. Dabei war einiges in kurzer Zeit zu organisieren, von der Abklärung mit dem Kreis für die Ausnahmesituation einer grenzüberschreitenden Hilfe, einem offiziellen Entsendungsschreiben des Bürgermeisters, über Versicherungs- und rechtlichen Fragen bis hin zum zulässigen Gesamtgewicht und den COVID-19-Tests.
Die private Initiative rund um Eva Emeling aus Bad Soden-Salmünster sammelte im Generationentreff in der Salmünsterer Altstadt Hilfsgüter für die Menschen im Kriegsland Ukraine. Bürgermeister Dominik Brasch unterstützt Ukraine-Solidarität und bat die Feuerwehr, kurzfristig als Ersatz für einen geplanten Transport mit einem Mannschaftstransportwagen (MTW) einzuspringen. „Dass wir in solch einer Ausnahmesituation helfen, ist gar keine Frage.“, stellte Stadtbrandinspektor Jens Bannert klar. Aufgrund der Kurzfristigkeit und der Verwendung des Ahler MTW wurde zunächst dort die spontane Bereitschaft abgefragt. Selbst so spontan waren viele Feuerwehr-Einsatzkräfte aus ganz Bad Soden-Salmünster bereit, den Hilfstransport zu begleiten, eine großartige Einsatz- und Hilfsbereitschaft. Selbst als sie Samstagmittag schon an der polnisch-ukrainischen Grenze angekommen waren, kamen Hilfsangebote der Einsatzkräfte.
Humanitärer Hilfstransport
Freitagmittags, 4. März 2022 konkretisierte sich die Bitte, am späten Nachmittag waren Fahrzeug und Begleiter einsatzbereit für den Hilfstransport. Im Generationentreff sortierten die fleißigen Helferinnen und Helfer der Initiative um Eva Emeling derweil alle Hilfsgüter und packten sie liebevoll mit Herz und viersprachiger Beschriftung in Kartons zusammen. Sie sorgten sogar für Wasser und polnisches Geld für die Mautstrecken und eine polnisch-sprachige „Hotline“ aus der Familie, falls die Feuerwehr unterwegs Hilfe benötigte.
Mit Medikamenten, Verbandsmitteln, Schlafsäcken und sogar einem Stromerzeuger machte sich die Feuerwehr Bad Soden-Salmünster am Freitagabend um 19:30 Uhr mit dem MTW Ahl und den Fahrern Jens Bannert, Frank Seidl und Janik Berg via Dresden und der deutsch-polnischen Grenze bei Görlitz (ca. 520 km) durch ganz Polen zur polnisch-ukrainischen Grenze (ca. 780 km). Einige Details des Transports konnten sogar erst während der Fahrt geklärt werden, manches wurde dann lage- und sicherheitsbedingt teils nach Rücksprache mit dem Bürgermeister spontan an der Grenze entschieden.
Nach etwa 1.300 Kilometern erreichte der Hilfstransport mit der Feuerwehr am Samstagmittag um 12:15 Uhr das Ziel, den Grenzübergang Dolhobyczów vor dem ukrainischen Ort Uhryniv, etwa 100 Kilometer nördlich von Lwiw (Lemberg). In knapp 17 Stunden war die Strecke, die letzten Stunden über teils schlechte Landstraßen, mit nur kurzen Pausen geschafft. Unterwegs war wenig Militär, aber umso mehr Hilfe zu sehen: Hilfstransporte aus Deutschland und Polen, u.a. mehrere Lkw aus Maintal, waren auf der Autobahn und den Parkplätzen zu sehen.
Für den Hilfstransport aus Bad Soden-Salmünster kam ein vertrauenswürdiger Kontakt für den Weitertransport zustande. Daniel Schier aus Ahl organisierte einen Ansprechpartner, dem die Hilfsgüter an der Grenze reibungslos an der Grenze übergeben werden konnten. Dieser organisierte dann den Transport weiter in das Kriegsgebiet Ukraine hinein.
Eindruck von der Grenzsituation
Die Polen hatten die Ausnahmesituation an diesem vergleichsweise kleinen Grenzübertritt trotz der über Tausend flüchtenden Ukrainer an diesem Samstag sehr gut organisiert. Allen Helfern und Einsatzkräften verband der Wille, in der Kriegssituation als Europäer zusammenzustehen und den Menschen aus dem Krieg unkompliziert zu helfen. Staatliche Organisationen, Feuerwehr und Katastrophenschutz, Hilfsorganisationen, private Initiativen und Unternehmen arbeiteten Hand in Hand, damit den Geflüchteten schnell und unbürokratisch weitergeholfen werden konnten. Zu Fuß kamen überwiegend Frauen mit ihren Kindern und erstaunlich kleinem Gepäck (manch Wochenend-Ausflügler hat mehr dabei) die letzten Meter zur gesicherten EU-Außengrenze. Nach der Passkontrolle reisten sie nach Polen ein und wurden von dort meist mit Feuerwehr-Fahrzeugen ein paar Kilometer weiter zur Registrierung gebracht. Dort wurde ihnen auf vielfältige Weise weitergeholfen. Hier gab es bei Bedarf Kleidung, aber bei Minusgraden vor allem etwas Heißes zum Trinken und zum Essen, Telefonkarten für die Kommunikation und die Vermittlung von Unterkünften und Weiterreisemöglichkeiten. Hier war auch der Treffpunkt für Verwandte und Freunde, um ihre Bekannten abzuholen.
Die Eindrücke direkt an der Grenze zu einem Land in Europa, in dem Krieg herrscht, waren für die Feuerwehrleute aus der Kurstadt schon sehr bewegend: Menschen verlassen ihre Heimat, ihre Liebsten, haben nur das Nötigste dabei, oft auch mit ihren Haustieren, den Schrecken des Krieges in den Beinen und die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr nach Kriegsende im Herzen. Auf der anderen Seite viele Menschen, die unentgeltlich und solidarisch helfen, eine gute Organisation und freundliche Menschen, von den polnischen Grenz- und Polizeibeamten bis hin zu den freiwilligen Helfern. „Es gab ein Gefühl von „Wir halten in Krisensituationen zusammen, im Krieg stehen wir in Europa zusammen“, fasste Frank Seidl zusammen. Auch Janik Berg, Einsatzkraft aus Ahl, war nachhaltig beeindruckt von der Situation, den Menschen auf der Flucht einerseits, der Hilfsbereitschaft andererseits.
Hinweg mit Hilfsgütern, Rückweg mit Ukrainern
Für die Bad Soden-Salmünsterer Feuerwehr war die Mission mit der Übergabe der Hilfsgüter noch nicht beendet. Bürgermeister Dominik Brasch hatte angeregt, bei Bedarf gerne eine Familie mitnehmen zu können. Über die Vermittlungsstelle waren rasch dankbare ukrainische Mitreisende gefunden: Zwei junge Frauen, die gleich nach der ersten Kriegsnacht, geweckt von Bombeneinschlägen und voller Angst, aus Kiew in ihre Heimatstadt Lwiw (Lemberg) in der Westukraine und nun Richtung Deutschland mit Ziel Nürnberg geflohen sind. Und eine Mutter mit ihrem 17-jährigen Sohn und deren Katze, die aus dem schwer getroffenen ostukrainischen Grenzstadt Charkiw. Sie berichteten und zeigten Fotos von bombardierten und brennenden Häusern in ihrer Heimatstadt.
So ging es nach einem knapp vierstündigen Aufenthalt an der polnisch-ukrainischen Grenze nach dem Ausladen und der weiteren Organisation um kurz nach 16 Uhr am Samstagnachmittag, 5. März 2022 für die Feuerwehr wieder zurück nach Deutschland, mit vier geflüchteten Menschen plus Katze an Bord.
Mutter und Sohn mit Katze kamen bei ihrer Schwester (die der Mutter, nicht der Katze) in Bautzen unter, die zwei jungen Frauen fuhren bis zum Dresdener Hauptbahnhof mit dem Feuerwehrtransport, wo sie kurz vor 4 Uhr am Sonntagmorgen eintrafen. Auch der Hauptbahnhof Dresden war auf die flüchtenden Menschen bereits eingestellt, hatte Informationen auf Ukrainisch, Freifahrtickets und bei der Bundespolizei gab es freundliche Beamte, gute Informationen und ein kleines Verpflegungspaket.
Gegen 9:15 Uhr am Sonntag, 6. März 2022 kamen die Feuerwehr-Einsatzkräfte nach über 2.600 Kilometern wieder wohlbehalten und müde von der anstrengenden Reise, aber voll der Eindrücke von der Fluchtsituation an der Grenze und der großen Hilfsbereitschaft in Europa, in Bad Soden-Salmünster an.
Fotos: Frank Seidl (Feuerwehr Bad Soden-Salmünster)
Pressespiegel:
Feuerwehr bringt Hilfsgüter an ukrainische Grenze (osthessen-zeitung.de)
Ukraine-Konflikt: Feuerwehr unterstützt Hilfstransport zur Grenze | Fulda (fuldaerzeitung.de)
Fahrzeugcheck am Freitagnachmittag mit Christian Hummel (ehem. WF) und Alexander Amberg (Gerätewart)
Solidarität in Bad Soden-Salmünster: Das Servicecenter des Rathauses in den ukrainischen Landesfarben blau-gelb
Freitag, 4. März 2022, 18 Uhr: Packen im Hilfszentrum im Generationentreff in Salmünsterer Altstadt
Corona-Tests vor der Abfahrt für jeden, sicher ist sicher
Fertig gepackt, bereit zur Abfahrt.
Helfercrew vor der Abfahrt der Feuerwehr
Fahrer der Feuerwehr: Frank Seidl, Janik Berg, Jens Bannert
Mitternacht Freitag auf Samstag: Kurzer Zwischenhalt in Dresden vor der Semperoper
0:26 Uhr - Grenzübertritt nach Polen bei Görlitz, Tankstopp
Pinkelpause um 5:40 Uhr - es ist kalt, es hat geschneit, aber wir sind nicht allein unterwegs: Humanitäre Transporte auf dem Weg zur Ukraine
Samstag, 5. März 2022, 6:52 Uhr: Straßenmaut bei Krakau, nur mit polnischen Zloty
Samstag, 7:55 Uhr: Hilfskonvoi aus Maintal - die Hesse komme :-)
Samstag, 9:36 Uhr - nicht mehr weit bis zur ukrainischen Grenze über die A4
Samstag, 10:08 Uhr: Auf dem Weg über Landstraßen zur polnisch-ukrainischen Grenze Dolhobyczow, knapp 200 km von der A4 über Land
Samstag, 10:40 Uhr, Trotz Grenznähe - wir fahren einige Kilometer parallel der Grenze nördlich - selten Militär zu sehen.
Samstag, 12:15 Uhr: Wir erreichen die polnisch-ukrainische Grenze bei Dolhobyczow.
Abklären mit Grenzbeamten und Ansprechpartner, wie und wo die Hilfsgüter sicher und auf "neutralem Boden" übergeben können,
d.h. ohne Einreise in die Ukraine.
Samstag, 5. März 2022, 12:30 Uhr: Einfahrt auf das Gelände der Grenzstation
Menschen auf der Flucht mit Helfern
Transferzone, Ukrainer werden von hier mit Kleinbussen zur Registrierung ein paar Kilometer weiter gefahren.
Samstag, 13:13 Uhr: Polnische Passkontrolle zur Einfahrt in die neutrale Transferzone
Gespräch über die aktuelle Situation mit einem polnischen Polizeibeamten
Einfahrt in die neutrale Transferzone für die Hilfsgüter
Ukrainische und polnische Grenzbeamte kontrollierten den Übergabebereich vor der Staatsgrenze
Samstag, 13:40 Uhr: kurz vor Erreichen der neutralen Übergabezone, im Hintergrund zahlreichene flüchtende Menschen, die gerade ankommen
Samstag, 13:47 Uhr: Übergabe der Hilfsgüter an unseren Ansprechpartner Roman in der neutralen Zone vor der Staatsgrenze zur Ukraine;
zuerst ein ausgemusterter, fast schon historischer Verbandkasten der Feuerwehr Ahl mit frischem Verbandsmaterial
Samstag, 13:57 Uhr: "Upload competed" - Hilfsgüter sind nach 10 Minuten bereits umgeladen
Samstag, 14:36 Uhr: wieder zurück, Auftanken vor einem polnischen Supermarkt
Samstag, 15:03 Uhr: Registrierungs- und Vermittlunsstelle für Flüchtende in Dolhobyczow
Samstag, 5. März 2022: 16:01 Uhr: Wir sind komplett und nach negativem Corona-Test abfahrbereit nach Deutschland
Samstag, 21:24 Uhr: Wieder an der Mautstrecke bei Krakau
Samstag, 22:44 Uhr: Kurze Rast in Polen, Maxim zeigt Fotos aus seiner Heimatstadt Charkow mit zerbomten und brennenden Häusern
Sonntag, 6. März 2022, 2:45 Uhr: Bautzen, Mutter und Sohn mit Katze sind bei ihrer Schwester angekommen, die bereits an der Tür wartet
Sonntag, 3:46 Uhr: Ankunft am Hauptbahnhof Dresden, die zwei Frauen verlassen uns hier für die Weiterfahrt per Bahn
Janik in seinem Metier: Er ist nicht nur ein guter Busfahrer, sondern auch ein guter Lokführer und Reisebegleiter :-)
Informationen und Hilfsangebote für Ukraine-Flüchtende am Hbf Dresden
Sonntag, 4:04 Uhr - Abschiedsfoto am Dresdner Hauptbahnhof, alles Gute und Frieden der Ukraine
Presseberichte: